Interview mit Petr Veřtát aus Prag
- Wilhelm Heim
- 12. Nov.
- 16 Min. Lesezeit
Petr Veřtát ist von Beruf Festkörperphysiker und Kristallograph, Hobbyfotograf, Liebhaber klassischer Musik, Läufer und manchmal sogar Bierliebhaber :D. Lebt derzeit in Prag, studiert die komplizierten Strukturen vielversprechender intelligenter Materialien, fotografiert einige seiner Gefühle und genießt sein kleines OM-System OM-5. Das Gespräch liegt auf deutsch und englisch vor.
Solid-state physicist and crystallographer, hobby photographer, classical music lover, runner, and sometimes even a beer enthusiast :D. Currently based in Prague, studying the complicated structures of promising smart materials, taking photos expressing some of his emotions and enjoying his small OM System OM-5.
Wilhelm: Lieber Petr, ich bin ganz aufgeregt mit dir das Interview zu führen und weiß nichts über dich. Ich kenne nur deine Fotografien auf Instagram. Woher kommst du? Und warum fotografierst du?
Dear Petr, I'm really excited to interview you and I don't know anything about you. I only know your photographs on Instagram. Where do you come from? And why do you take photographs?
Petr: Dear Wilhelm, before we begin, I would like to thank you for the opportunity to have this interview! I am very enthusiastic about your magazine! Not only its topics are naturally very interesting to me, but it is also an excellent way to practise my German! I come from the Czech Republic, and I am currently living in Prague.
And why do I take photographs? I had to pause for a moment and think; it is a more interesting question than it initially looks. Normally, the people ask you things like: 'Oh, I see you have a nice camera – do you take lots of photos?' or 'What do you photograph most?' Sometimes they even ask, 'Why do you need such a camera – can’t you just use your phone?' But it is quite rare when someone asks why I take photographs. This question goes much deeper.
Well, I think it is for two main reasons. Firstly, there is this common motivation many of us have at the beginning – we want to capture the interesting things we see around us. Many people then stop here and don't go further. But there is a second reason that is very important for me: often, I feel the urge to “create” and to express myself in some way, to channel some of my emotions and feelings into a photograph. And this is probably how most of my photographs were created, and certainly all of those I am particularly fond of.
Lieber Wilhelm, bevor wir beginnen, möchte ich mich bei dir für die Gelegenheit zu diesem Interview bedanken! Ich bin echt begeistert von deinem Magazin! Nicht nur die Themen sind für mich interessant, es ist auch eine hervorragende Möglichkeit, mein Deutsch zu üben! Ich komme nämlich aus der Tschechischen Republik und lebe derzeit in Prag. Warum fotografiere ich? Ich musste einen Moment innehalten und nachdenken; das ist eine interessantere Frage, als sie zunächst aussieht. Normalerweise fragen dich die Leute Dinge wie: „Oh, ich sehe, du hast eine schöne Kamera – machst du viele Fotos?“ oder „Was fotografierst du am meisten?“ Manchmal fragen sie sogar: „Warum braucht man so eine Kamera – kann man nicht einfach sein Handy benutzen?“ Aber es kommt ziemlich selten vor, dass jemand fragt, warum ich fotografiere. Diese Frage geht viel tiefer.
Nun, ich denke, das hat zwei Hauptgründe. Erstens gibt es diese gemeinsame Motivation, die viele von uns am Anfang haben: Wir wollen die interessanten Dinge festhalten, die wir um uns herum sehen. Viele Leute bleiben dann hier stehen und gehen nicht weiter. Aber es gibt noch einen zweiten Grund, der für mich sehr wichtig ist: Oft verspüre ich den Drang, etwas zu „kreieren“ und mich auf irgendeine Weise auszudrücken, einige meiner Emotionen und Gefühle in ein Foto einfließen zu lassen. Und auf diese Weise sind wahrscheinlich die meisten meiner Fotos entstanden, und sicherlich alle, die mir besonders am Herzen liegen.

Wilhelm: Ich habe über die obige Fotografie zu deinem Instagramaccount gefunden. Über dieses Foto würde ich gerne mit dir sprechen. Es scheint eine Erinnerung aus dem Jahre 2012 [Fehler in Instagram-Caption korrigiert, beide Jahre auf 2012 geändert] zu sein. Mit welchem Gefühl siehst du dieses Foto an?
I found your Instagram account via the photograph above. I would like to talk to you about this photo. It seems to be a memory from 2012. How do you feel when you look at this photo?
Petr: I still recall the feeling of that morning – it was overflowing with questions and emotions, and then just wet and cold. It was April, and at that time, I was beginning to recognise several issues with my relationship. I woke up early and repeatedly found myself questioning if this was truly the life I wished to live. Each day felt increasingly restrictive, gradually locking me into a monotonous routine that offered no real way of self-expression. Suddenly, I felt lonely inside. I looked out the window, it was raining, and I felt the intense urge to go outside and 'explore' all those emotions.
Thinking about it now, perhaps that relationship was very similar to that rain. I wanted to 'feel' both. Yet, if you simply accept the rain and remain there, all that you can truly feel are the large, cold raindrops striking your face. You realise you cannot genuinely focus on anything else, overshadowed by that discomfort, wetness, and chill.
They say that all rains eventually stop. That particular rain stopped in the evening, and that relationship came to an end about five months later.
Ich erinnere mich noch an das Gefühl dieses Morgens – er war voller Fragen und Emotionen und dann einfach nur nass und kalt. Es war April und zu dieser Zeit begann ich, mehrere Probleme in meiner Beziehung zu erkennen. Ich wachte früh auf und fragte mich immer wieder, ob dies wirklich das Leben war, das ich leben wollte. Jeder Tag fühlte sich zunehmend einschränkend an und fesselte mich nach und nach in einer monotonen Routine, die mir keine wirkliche Möglichkeit bot, mich selbst auszudrücken. Plötzlich fühlte ich mich innerlich einsam. Ich schaute aus dem Fenster, es regnete und ich verspürte den starken Drang, nach draußen zu gehen und all diese Gefühle zu „erkunden“.
Wenn ich jetzt darüber nachdenke, war diese Beziehung vielleicht dem Regen sehr ähnlich. Ich wollte beides „fühlen“. Doch wenn man den Regen einfach akzeptiert und dort bleibt, kann man nur die großen, kalten Regentropfen spüren, die auf das eigene Gesicht fallen. Einem wird klar, dass man sich nicht wirklich auf etwas anderes konzentrieren kann, überschattet von diesem Unbehagen, der Nässe und der Kälte.
Man sagt, dass irgendwann jeder Regen aufhört. Am Abend hörte der Regen auf und die Beziehung endete etwa fünf Monate später.
Wilhelm: Das ist neben der sehr intensiven Beziehungserfahrung doch auch eine sehr prägende fotografisch Erfahrung, beides hast du in diesem Selbstportrait unglaublich tiefsinnig festgehalten. Ist die Fotografie auch eine Art "Selbsttherapie" für dich?
In addition to the very intense relationship experience, this is also a very formative photographic experience, both of which you captured incredibly profoundly in this self-portrait. Is photography also a kind of “self-therapy” for you?
Petr: I probably haven't thought of it in that exact term, but 'self-therapy' does seem fitting for some situations. I've certainly noticed that many of my photos are created when I'm not feeling my best, often when I've been alone for a significant period and perhaps felt a bit lonely. Then again, my scientific self joins the discussion and points out that when you are alone, you simply have more time to take photos.
There is another dimension too: you can use a photo to express feelings, but those feelings do not necessarily vanish once the photo is taken. It is quite the opposite: photos are 'containers', and revisiting them brings all those emotions flooding back. It is definitely good for wedding photos and such, but questionable when you do not feel too well. I often look at my old photos again, sometimes sharing them many years after I took them. Recently, I came back to this one:
Ich habe wahrscheinlich nicht genau so darüber nachgedacht, aber „Selbsttherapie“ scheint für manche Situationen angemessen zu sein. Mir ist auf jeden Fall aufgefallen, dass viele meiner Fotos entstehen, wenn es mir nicht gut geht, oft wenn ich längere Zeit allein war und mich vielleicht etwas einsam fühlte. Andererseits schaltet sich mein wissenschaftliches Ich in die Diskussion ein und weist darauf hin, dass man, wenn man alleine ist, einfach mehr Zeit zum Fotografieren hat.
Es gibt noch eine weitere Dimension: Man kann ein Foto verwenden, um Gefühle auszudrücken, aber diese Gefühle verschwinden nicht unbedingt, sobald das Foto aufgenommen ist. Ganz im Gegenteil: Fotos sind „Behälter“, und wenn man sie erneut betrachtet, kommen all die Emotionen wieder hoch. Für Hochzeitsfotos und dergleichen ist es auf jeden Fall gut, aber fraglich, wenn man sich nicht so wohl fühlt. Ich schaue mir meine alten Fotos oft noch einmal an und teile sie manchmal, viele Jahre nachdem ich sie aufgenommen habe. Kürzlich bin ich auf folgendes Foto gestoßen:

It isn't a particularly strong image in itself, is it? Just two people in the underpass. They appear for a short while in the frame and then disappear. I wondered why it still spoke to me so strongly. Then I rechecked the date and realised it was the first serious photo I took after my brother died ten years ago. This was a powerful realisation that brought a great deal of sadness back. So, 'self-therapy' through photography can be quite complex. Photography definitely allows for necessary self-expression and keeps one’s mind occupied. But, for me at least, it doesn't solve the problem.
Es ist an sich kein besonders starkes Bild, oder? Nur zwei Leute in der Unterführung. Sie erscheinen für kurze Zeit im Bild und verschwinden dann. Ich fragte mich, warum es mich immer noch so stark ansprach. Dann überprüfte ich noch einmal das Datum und stellte fest, dass es das erste ernsthafte Foto war, das ich nach dem Tod meines Bruders vor zehn Jahren gemacht hatte. Das war eine kraftvolle Erkenntnis, die viel Traurigkeit zurückbrachte. Daher kann die „Selbsttherapie“ durch Fotografie recht komplex sein. Fotografie ermöglicht auf jeden Fall den notwendigen Selbstausdruck und beschäftigt den Geist. Aber zumindest für mich löst es das Problem nicht.
Wilhelm: Aber es macht manchmal doch noch etwas sichtbar, was unsichtbar war bzw. im Unbewussten lag und jemanden positiv oder auch negativ) begleitet. Hat die Fotografie über dieses Sichtbarmachen von einer versteckten Realität hinaus auch eine erzählerische Funktion für dich. Ich denke zum Beispiel an Fotografien von dir, die ich der Streetfotografie zu ordnen und unterstellen würde, dass du vom Leben in den Straßen erzählen möchtest.
But sometimes it still makes something visible that was invisible or was in the unconscious and accompanies someone positively or negatively. In addition to making a hidden reality visible, does photography also have a narrative function for you. For example, I'm thinking of photographs of yours that I would classify as street photography and assume that you want to tell about life in the streets.
Petr: Absolutely. The street is an amazing playground, with countless interesting stories unfolding every second. And what I love most is when my photographs capture only a fragment of a story, leaving the rest to the viewer's imagination. The idea is to freeze a moment that inherently sparks questions – for instance: Where might she be going? What could he be thinking about? I particularly like taking photos of people moving away from the camera. It feels as if you are sharing their life path for a moment, yet there is this inherent mystery of the rest of their story that you will never find out.
Absolut. Die Straße ist ein toller Spielplatz, auf dem sich jede Sekunde unzählige interessante Geschichten entfalten. Und was ich am meisten liebe, ist, wenn meine Fotos nur einen Ausschnitt einer Geschichte einfangen und den Rest der Fantasie des Betrachters überlassen. Die Idee besteht darin, einen Moment einzufrieren, der von Natur aus Fragen aufwirft – zum Beispiel: Wohin geht sie vielleicht? Woran könnte er denken? Besonders gerne fotografiere ich Menschen, die sich von der Kamera entfernen. Es fühlt sich an, als ob sie für einen Moment ihren Lebensweg teilen würden, doch der Rest ihrer Geschichte birgt dieses inhärente Geheimnis, das sie nie herausfinden werden.
Wilhelm: Ich kann ja nur für mich sprechen, aber das gelingt dir sehr gut. ICh fühle mich beim Betrachten deiner Fotografien so, als könnte ich ein bisschen in dieses Geheimnis hineinfühlen. Bist du eigentlich ein Autodidakt des Fotografierens?
I can only speak for myself, but you're doing it very well. When I look at your photographs, I feel like I can empathize a little bit with this mystery. Are you a self-taught photographer?
Petr: Thank you for your kind words. Yes, I'm totally self-taught, mostly by trial and error – and there were certainly lots of errors!
I got my first simple film camera to play with when I was about eight. I soon learned a hard lesson: using it indoors with ISO 100 film to capture moments at my primary school carnival wasn't the best idea. I still remember the moment the lady in the photo shop told me that practically nothing came out on my film.
My interest grew significantly when I was around sixteen. I got my first digital camera then and started taking a vast number of photos.
The real shift, however, occurred some fifteen years ago when I got my Samsung NX10. That's when I began to think about my photography much more seriously – focusing on aspects like composition and storytelling. I also started learning post-processing… though, I was still taking far too many pictures in those days! Henri Cartier-Bresson famously said that your first 10’000 photographs are your worst. In my case, you'd probably have to multiply that figure a few times over.
Vielen Dank für deine freundlichen Worte. Ja, ich bin völliger Autodidakt, größtenteils durchs Ausprobieren – und es gab auf jeden Fall viele Fehler! Mit etwa acht Jahren bekam ich meine erste einfache Filmkamera zum Spielen. Ich habe bald eine wichtige Lektion gelernt: Es war nicht die beste Idee, die Kamera in Innenräumen mit einem ISO-100-Film zu verwenden, um Momente meines Grundschulkarnevals festzuhalten. Ich erinnere mich noch an den Moment, als mir die Dame im Fotogeschäft sagte, dass auf meinem Film praktisch nichts herausgekommen sei. Trotzdem wuchs mein Interesse deutlich. Als ich etwa sechzehn war. Damals bekam ich meine erste Digitalkamera und begann, unzählige Fotos zu machen. Der eigentliche Wandel erfolgte jedoch vor etwa fünfzehn Jahren, als ich mein Samsung NX10 bekam. Zu diesem Zeitpunkt begann ich, viel ernsthafter über meine Fotografie nachzudenken und mich auf Aspekte wie Komposition und Geschichtenerzählen zu konzentrieren. Ich habe auch angefangen, die Nachbearbeitung zu erlernen, obwohl ich damals noch viel zu viele Bilder gemacht habe! Henri Cartier-Bresson hat bekanntlich gesagt, dass die ersten 10.000 Fotos die schlechtesten sind. In meinem Fall müssten Sie diese Zahl wahrscheinlich ein paar Mal multiplizieren.
Wilhelm: Was bedeutete es damals über "deine Fotografie" nachzudenken? Hast du dir auch Fotografien anderer angeschaut und dadurch gelernt?
What did it mean to think about “your photography” back then? Have you also looked at other people's photographs and learned from them?
Petr: Sure. I started exploring the work of other photographers, from contemporary artists to the historical masters. And do it almost every day. I love it when I come across a photographer with a truly unique style. Or something really strong or new that immediately catches the eye. It makes one stop and think, "Right... why does my photography feel weak in comparison to this? How did they achieve that look?" Deconstructing that process is how you learn and broaden your palette of photographic 'tools'.
For me, however, it's crucial that this never becomes about imitation; I've always tried to avoid simply copying someone else's work. The goal is to absorb these different techniques and ideas to slowly build your own styles, benefiting from the breadth of the palette you've developed.
I believe this is why it is so important for photographers to explore all different kinds of photography, rather than sticking to just one niche—like saying, "I only do wildlife." If you learn a little from every possible genre, you build a much more solid and versatile foundation for any work you want to do. And on a practical level, if you ever feel creatively stuck or tired of one thing, having that broad palette gives you the freedom to escape to something completely different and keep things fresh.
Sicher. Ich habe irgendwann angefangen, die Arbeit anderer Fotografen zu erkunden, von zeitgenössischen Künstlern bis hin zu historischen Meistern. Und das fast jeden Tag. Ich liebe es, wenn ich einem Fotografen mit einem wirklich einzigartigen Stil begegne. Oder etwas wirklich Starkes oder Neues, das sofort ins Auge fällt. Es lässt einen innehalten und denken: „Richtig... warum wirkt meine Fotografie im Vergleich dazu schwach? Wie haben diese Fotografen diesen Look erreicht?“ Indem man diesen Prozess dekonstruiert, lernt man und erweitert die eigene Palette an fotografischen „Werkzeugen“.
Für mich ist jedoch entscheidend, dass es nie um Nachahmung geht; ich habe immer versucht zu vermeiden, einfach die Arbeit anderer zu kopieren. Das Ziel besteht darin, diese verschiedenen Techniken und Ideen zu verinnerlichen, um langsam den eigenen Stil zu entwickeln und dabei von der Breite der von den anderen entwickelten Paletten zu profitieren.
Ich glaube, das ist der Grund, warum es für Fotografen so wichtig ist, alle Arten der Fotografie zu erkunden, anstatt sich nur auf eine Nische zu beschränken – wie zum Beispiel zu sagen: „Ich mache nur Wildtiere.“ Wenn man von jedem möglichen Genre ein wenig lernt, schafft man eine viel solidere und vielseitigere Grundlage für jede Arbeit, die man erledigen möchten. Und auf praktischer Ebene: Wenn man jemals das Gefühl hat, kreativ festzustecken oder einer Sache überdrüssig zu sein, gibt I diese breite Palette die Freiheit, sich auf etwas völlig anderes einzulassen und die Dinge frisch zu halten.
Wilhelm: Wenn du entscheidest auf eine Fotorunde zu gehen bzw. den Tag zu starten und zu entscheiden, die Kamera dabei zu haben: Gehst du mit einem eigenen Fotoauftrag los oder bist du immer offen? Ich setze mir zum Beispiel fast immer kleine Aufgaben (Trigger), um etwas fokussierter zu sein. Mit meiner Frau habe ich neulich ein Gartenfestival besucht und es war klar, dass es regnen würde. Da war mein Trigger: Regenschirme.
If you decide to go on a photo session or start the day and decide to have the camera with you: do you start with your own photo assignment or are you always open? For example, I almost always set myself small tasks (triggers) to be a little more focused. I recently went to a garden festival with my wife and it was clear that it was going to rain. There was my trigger: umbrellas.
Petr: For the most part, I stay open to anything. I usually have my camera with me nearly all the time, because I've found that on the days I leave it behind, I inevitably end up missing it. Of course, there are plenty of days when it comes along just in case and I don't use it at all.
The idea of using triggers is very good, but for me, it tends to work more broadly. Using your example, if it's raining, my 'trigger' wouldn't be umbrellas specifically, but the entire atmosphere. I'll focus on the general feeling and then wait for a particular detail or scene that catches my eye to best capture that atmosphere.
This approach sometimes requires a great deal of patience. If I see an interesting scene that feels incomplete—perhaps it just needs a person in the right place—I'll often stop and wait. Sometimes for quite a while, maybe even for an hour or so. And if nobody comes along after all that waiting, I might just jump in to complete the photo myself.
Meistens bleibe ich für alles offen. Normalerweise habe ich meine Kamera fast immer dabei, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass ich sie an den Tagen, an denen ich sie zurücklasse, unweigerlich vermisse. Natürlich gibt es viele Tage, an denen sie nur für den Fall der Fälle zur Verfügung steht und ich sie überhaupt nicht verwende.
Die Idee, Trigger zu verwenden, ist sehr gut, aber für mich funktioniert diese tendenziell allgemeiner. Wenn es - wie in deinem Beispiel regnet, wären mein „Auslöser“ nicht speziell Regenschirme, sondern die gesamte Atmosphäre. Ich konzentriere mich auf das allgemeine Gefühl und warte dann auf ein bestimmtes Detail oder eine bestimmte Szene, die mir ins Auge fällt, um diese Atmosphäre am besten einzufangen.
Dieses Vorgehen erfordert manchmal viel Geduld. Wenn ich eine interessante Szene sehe, die sich unvollständig anfühlt – vielleicht braucht sie nur eine Person an der richtigen Stelle –, halte ich oft inne und warte. Manchmal für eine ganze Weile, vielleicht sogar für eine Stunde oder so. Und wenn nach all dem Warten niemand vorbeikommt, kann es sein, dass ich einfach einspringe und das Foto selbst fertigstelle.
Wilhelm: Gibt es auch Situationen, in denen du ungeduldig bist bzw. wirst?
Are there also situations in which you are or become impatient?
Petr: When it comes to photography, I would say rarely. If I am not alone, it is usually my companions who get a bit restless, as they do not always fully appreciate that patience :D
In my everyday life, however, there is a bit of a contradiction. I can indeed be very impatient in certain situations, which I think often resembles even some ADHD-like symptoms. Waiting in a queue, for example, is really difficult for me and makes me genuinely anxious.
So, to connect with our earlier discussion, this might probably be another aspect of photography acting as a form of 'self-therapy' for me, by teaching me to stay calm.
Wenn es um Fotografie geht, würde ich selten sagen. Wenn ich nicht allein bin, sind es meist meine Begleiter, die etwas unruhig werden, da sie diese Geduld nicht immer voll zu schätzen wissen :D
In meinem Alltag gibt es jedoch einen gewissen Widerspruch. In bestimmten Situationen kann ich tatsächlich sehr ungeduldig sein, was meiner Meinung nach oft sogar ADHS-ähnlichen Symptomen ähnelt. Das Warten in einer Warteschlange zum Beispiel fällt mir wirklich schwer und macht mir richtig Angst.
Um an unsere frühere Diskussion anzuknüpfen: Dies könnte wahrscheinlich ein weiterer Aspekt der Fotografie sein, der für mich als eine Form der „Selbsttherapie“ fungiert, indem er mir beibringt, ruhig zu bleiben.
Wilhelm: Ich würde gern ein Gedankenexperiment mit dir wagen: Du wirst von einem renomierten Institut für Fotografie engagiert, um einen Workshop für erfahrene Streetfotografien anzubieten. Welche Übung würdest du dir ausdenken?
I would like to try a thought experiment with you: You will be hired by a renowned photography institute to offer a workshop for experienced street photographers. Which exercise would you come up with?
Petr: Oh, interesting idea. What can you teach experienced photographers? The best excercise and very best advice would probably be: don't listen to advices, take your camera and be yourself. Street photography is about your unique vision of the world. Everyone has a different one and that is what makes it interesting. I would tell them to go and take a photo of their vision of the very same street. Then we can look at them together, enjoy and discuss the differences in everyone's style.
But if it had to be a more technical exercise, then I would probably suggest a slow shutter speed exercise as a fun thing to try. Set your shutter to 1/4 of a second, or even slower, and capture the essence of a still moment within the city's motion. I've recently fallen in love with these kinds of photos and take them quite often.
Oh, eine interessante Idee! Was kann man erfahrenen Fotografen beibringen? Die beste Übung und der beste Rat wäre wahrscheinlich: Hören Sie nicht auf Ratschläge, nehmen Sie Ihre Kamera und seien Sie Sie selbst. Bei der Straßenfotografie geht es um Ihre einzigartige Vision der Welt. Jeder hat ein anderes und das macht es interessant. Ich würde ihnen sagen, sie sollen losgehen und ein Foto ihrer Vision von derselben Straße machen. Dann können wir diese gemeinsam betrachten, genießen und die Unterschiede im Stil aller diskutieren.
Aber wenn es eine eher technische Übung sein müsste, dann würde ich wahrscheinlich eine Übung mit langer Verschlusszeit vorschlagen, da es Spaß macht, sie auszuprobieren. Stellen Sie Ihren Verschluss auf 1/4 Sekunde oder sogar langsamer ein und fangen Sie die Essenz eines stillen Moments inmitten der Bewegung der Stadt ein. Ich habe mich in letzter Zeit in diese Art von Fotos verliebt und mache sie ziemlich oft.

Wilhelm: Lieber Petr, bist du einverstanden, dass wir die Leser mit dieser kleinen Übung sich selbst überlassen und unser Gespräch hier vorerst beenden. Mein Gefühl sagt mir nämlich, dass wir nicht zum letzten Mal über Fotografie gesprochen haben. Deine Gedanken haben mich unglaublich inspiriert und zum Nachdenken gebracht - vielen Dank dafür und auch danke für deine Zeit.
Do you agree that we leave the readers to their own devices with this little exercise and end our conversation here for now. My feeling is that we haven't talked about photography for the last time. Your thoughts have inspired me incredibly and made me think - thank you very much for that and also thank you for your time.
Petr: I think that's a wonderful end. Thank you, dear Wilhelm, I truly enjoyed talking to you as well! And it was an interesting opportunity to clarify my own thoughts. I thank you for your time, wish you many happy readers, and hope you have lots of fun with your Zine.
Ich denke, das ist ein wunderbares Ende. Danke, lieber Wilhelm, das Gespräch mit Dir hat mir auch sehr viel Spaß gemacht! Und es war eine interessante Gelegenheit, meine eigenen Gedanken zu klären. Ich danke dir für deine Zeit, wünsche dir viele glückliche Leser und wünsche diesen viel Spaß mit deinem Zine.



Kommentare